Newsletter zum Thema Suizidale Krisen im Arbeitskontext als PDF
Einleitung
Mit unserem ersten Newsletter in diesem Jahr wenden wir uns einem sehr ernsten Thema zu.
Die Themen Suizid, Suizidandrohungen oder Lebensmüdigkeit sind leider gelegentlich auch im betrieblichen Alltag präsent und stellen alle Beteiligten vor eine große Herausforderung. Wir wollen Ihnen daher einige Empfehlungen für ein derartiges Worstcase-Szenario geben.
Wie Sie bei ersten, ernstzunehmenden Anzeichen reagieren können
Sprechen Sie die Person in einem geschützten Rahmen offen auf Ihren Verdacht oder deren Äußerungen an. Drücken Sie Ihre Sorge gegenüber der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter aus.
Die mögliche Befürchtung, ein Gespräch über Suizid würde Ihr Gegenüber erst recht auf den Gedanken bringen, ist nicht berechtigt. Im Gegenteil, Gespräche
darüber können entlastend für den Betroffenen wirken und Sie gewinnen mehr
Sicherheit darüber, was Sie als Nächstes tun müssen.
Indem Sie mögliche Suizidgedanken offen und taktvoll ansprechen, tragen Sie zur Erleichterung bei der betroffenen Person bei. Sie helfen ihr dadurch, sich von der Last der schrecklichen Vorstellungen zu befreien und die Gedanken in anderem Licht zu sehen.
Es geht darum, die suizidale Thematik offen anzusprechen und dabei eine Einschätzung der akuten Bedrohung zu erhalten.
Beziehen Sie zu Ihrer eigenen Entlastung jemanden mit ein (z.B. Kollegin, Vorgesetzten, Personalabteilung, Betriebsarzt, Betriebs- oder Personalrat, Betriebliche Sozialberatung) – auch dann, wenn der oder die Betroffene Geheimhaltung verlangt. Gegenüber der betroffenen Person können Sie deutlich machen, dass Sie diese Verantwortung über Leben und Tod nicht alleine tragen können und werden.
Empfehlen bzw. veranlassen Sie auf jeden Fall die Unterstützung durch professionelle Hilfsangebote (z. B. psychiatrische Klinik, Sozialpsychiatrischer Dienst, Polizei, Feuerwehr), wenn der oder die Betroffene sich im Gespräch nicht eindeutig von Suizidgedanken distanziert.
Vereinbaren Sie ein weiteres Gespräch in den kommenden 1 – 2 Tagen und verabreden Sie konkrete Schritte für diese Zeit (z.B. Vorstellung beim Hausarzt, beim Betriebsarzt, Kontaktaufnahme mit der Betrieblichen Sozialberatung). Lassen Sie sich bis zum nächsten Gespräch das Versprechen geben, dass sich der/die
Betroffene bis dahin nicht das Leben nimmt.
Treffen Sie eine Absprache mit der oder dem Betroffenen über NOTRUF-Möglichkeiten (Psychiatrie, Sozialpsychiatrischer Dienst) im Fall einer akuten Krise.
Umorientierung auf positivere Lösungen
Öffnen Sie der suizidalen Person den Blick für Alternativen und orientieren Sie so das Denken auf hilfreichere Lösungen. Verdeutlichen Sie ihr, dass sie in einem „alles oder nichts Denken“ befangen ist („Alles wieder in Ordnung“ oder Suizid).
In den meisten Lebenssituationen gibt es mehrere Alternativen, Zwischenlösungen oder Kompromisse. Führen Sie dem sich in einer massiven Krise befindenden Menschen vor Augen, dass ein Suizid eine „endgültige und finale“ Lösung für ein möglicherweise „vorübergehendes“ Problem ist. Fragen Sie nach bisherigen
Lösungsversuchen.
Wie Sie in der akuten Situation reagieren können
- Lassen Sie die betroffene Mitarbeiterin/den betroffenen Mitarbeiter nicht allein. Reden Sie beruhigend auf sie/ihn ein.
- Holen Sie sich eine Person zu Ihrer Unterstützung hinzu, ggf. eine für den Betroffenen vertraute Person.
- Nehmen Sie Kontakt zum Werksarzt, ggf. auch zur Personalabteilung auf.
- Informieren Sie ggf. den Werkschutz.
- Rufen Sie die Polizei
Was Sie als Vorgesetzter, Betriebs- oder Personalrat, Personalverantwortlicher, KollegIn konkret tun können:
- Person ansprechen
- Sorge zum Ausdruck bringen
- Einbinden einer ihm/ihr vertrauten KollegIn
- Verantwortung ansprechen
- Professionelle Hilfsangebote
- Weiteres Gespräch vereinbaren
- Konkrete Schritte bis dahin
- Notruf-Möglichkeiten aufzeigen
- Konkrete Schritte bis dahin
- Weiteres Gespräch vereinbaren
- Professionelle Hilfsangebote
- Verantwortung ansprechen
- Einbinden einer ihm/ihr vertrauten KollegIn
- Sorge zum Ausdruck bringen
Notfall
Wenn Sie im Gespräch feststellen, dass Ihr Gegenüber bereits konkrete Ideen hat, wie der Suizid vollzogen werden soll oder bereits konkrete Vorbereitungen getroffen wurden, rufen Sie sofort den Notarzt oder die Polizei! Je konkreter die Gedanken, desto größer die Gefahr, desto mehr Handlungsbedarf!
Scheuen Sie sich nicht, die Person ganz direkt nach ihren Ideen oder möglichen Vorbereitungen zu fragen, wenn Sie noch unsicher sind. Es besteht auch die Möglichkeit, in Anwesenheit der betroffenen Person den Sozialpsychiatrischen Dienst (SpD) o. ä. anzurufen und einen direkten Kontakt herzustellen.
Das Einschalten des SpD und gegebenenfalls der Polizei ist immer dann zu empfehlen, wenn Zweifel an der Paktfähigkeit des Betroffenen und Sorge hinsichtlich einer Selbstgefährdung besteht. In den meisten Fällen ist es jedoch möglich, in Kontakt zu kommen.
Informieren Sie Polizei oder Notarzt notfalls auch gegen den Willen der/des Betroffenen! Polizei oder Notarzt wissen, was in diesem Fall zu tun ist.
Lassen Sie die Person in diesem Fall auf keinen Fall allein, bis Polizei oder Notarzt eingetroffen sind.
Sollte sie/er die Arbeitsstelle verlassen wollen, gehen Sie mit. Informieren Sie nahestehende Bezugspersonen.
Es ist dringend erforderlich, einen internen Notfallplan zu erstellen und Notfalltelefonnummern im Betrieb bereitzuhalten!
Was Sie vermeiden sollten
- Mit dem gefährdeten Menschen über den Sinn und die Legitimation
von Suizid zu diskutieren - Dem anderen seine Gefühle ausreden zu wollen.
- Moralische Vorhaltungen zu machen
- Schuldgefühle zu vermitteln
- Abwertenden Äußerungen
- Dem anderen eigene Lebensvorstellungen aufdrängen und konkrete
Lösungsvorschläge zu machen - Die Verantwortung abnehmen (Aber bei akuter Gefährdung absichern)
- Angebote machen, die nicht eingehalten werden können.
Nachsorge
Sie haben als KollegIn oder Vorgesetzte eine sehr herausfordernde und belastende Situation erlebt?
Sprechen Sie mit anderen darüber und nutzen Sie bei Bedarf selbst professionelle Anlaufstellen, um über das Erlebte zu sprechen.
Vollzogener Suizid
Sollte ein Mitarbeiter Ihres Unternehmens Suizid begangen haben, ist es dringend notwendig, diesem traumatisierenden Ereignis Raum zu geben. Die Menschen im Umfeld (Kollegen, Vorgesetzte, betriebliche Ersthelfer etc.) befinden sich selbst in einer psychischen Ausnahmesituation, sind möglicherweise traumatisiert und benötigen Hilfe. Die Unterstützung solle im Team oder in Einzelgesprächen angeboten werden.
Anlaufstellen
Sozialpsychiatrische Dienste
Psychiatrische Kliniken
Polizei 110
Notarzt 112
Ärztlicher Bereitschaftsdienst 116 117
Bundesweite Telefonseelsorge 0800 / 111 0 111 oder 0800 / 111 0 222
Hilfreicher Link zum Thema:
www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/adressen/
Quellen und Informationen
Dr. Dr. med. Herbert Mück
Kontakt
Ulrike Müller
Mobil: 0157 – 92 34 96 50
E-Mail: ulrike.mueller@diebildungspartner.de