Was passiert bei Stress im Körper?
Stress ist sehr individuell geprägt. Nur eines ist uns allen gleich:
Der Ablauf der Stressreaktion im Körper, die unweigerlich in Gang gesetzt wird, wenn wir das Gefühl haben, dass uns für den Umgang mit einer eingetretenen Situation oder gestellten Aufgabe, adäquate Handlungsmöglichkeiten fehlen. Wir fühlen uns überfordert. Hier reagiert das Unterbewusstsein, gepaart mit der bisher gemachten Lebens- und Lernerfahrung, um ein Vielfaches schneller als der Verstand und sendet ein Warnsignal an die Amygdala, unser Alarmzentrum des Gehirns. Sie sendet dem Körper unmittelbar das Signal, die Produktion der Stresshormone – insbesondere Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol – zu erhöhen, um in diesem, als lebensbedrohlich empfundenen Moment, auf Flucht, Angriff oder Verteidigung vorbereitet zu sein. Der Körper stellt nun ausschließlich Energie für die Verarbeitung der Stresssituation bereit, was wiederum dazu führt, dass die Produktion von Glücks- und Schlafhormonen unterdrückt und die restlichen Areale des Körpers auf Sparflamme gesetzt werden. Das Schlafbedürfnis und das Hungergefühl werden lahmgelegt.
Während wir kurzzeitige Stresserlebnisse recht gut wegstecken, wirkt sich langanhaltender oder gar chronischer Stress schwächend auf unser Immunsystem aus, was die Entstehung von Krankheiten begünstigt und bestehende Krankheiten verschärft.
Welche konkreten Auslöser die Stressreaktion einer Person jeweils in welchem Ausmaß ankurbeln, verhält sich individuell anders und steht maßgeblich mit der jeweiligen Sozialisation des Betroffen sowie seinem bisherigen Bewältigungserleben in Zusammenhang.
Welche Arten von Stress kennen wir?
Neben Stress, den wir als belastend empfinden, dem sogenannten Disstress, kennen wir auch positiven Stress, den Eustress, der uns im Alltag regelrecht beflügelt. Diesen erleben wir in Situationen, über die wir uns besonders freuen.
Negativer Stress hat insbesondere zur Folge, dass uns die Konzentration auf eine Aufgabe oder Tätigkeit schwerfällt, die Merkfähigkeit nachlässt, der Eindruck von großer Unordnung in uns und um uns herum entsteht, die Wahrnehmungs-, die Aufnahmefähigkeit und die Frustrationstoleranz herabgesetzt werden sowie die Fehleranfälligkeit und die Reizbarkeit deutlich ansteigen. Auch Gefühle von Angst sind denkbar, die im Zusammenwirken mit den zuvor genannten Umständen dazu führen, dass das Selbstvertrauen zusehends schwindet.
Wie gehe ich dem Stress „an den Kragen“?
Sie fühlen sich bei den zuvor genannten körperlichen Reaktionen an Ihren persönlichen Alltag erinnert?
Dann sollten Sie sich und Ihre Gesundheit wichtig nehmen und sich mit Ihrer aktuellen Situation auseinandersetzen, um zurück zu einem leichteren und gesünderen Leben zu finden. Besonders wichtig ist dabei, seine eigenen Maßstäbe anzusetzen und nicht die von Drittpersonen (Partner, Kinder, Eltern, Freunden, Kollegen, etc.).
Im ersten Schritt führen Sie sich klar vor Augen, als wie stark Sie Ihre persönliche Belastung empfinden.
Hilfreich ist hierbei, sich dies am Beispiel des Füllstandes einer Batterie zu verdeutlichen. Zeichnen Sie dazu zweimal die Umrisse einer Batterie auf. In einem Umriss bilden Sie den aktuellen Füllstand Ihres persönlichen Akkus ab, im Zweiten den gewünschten Zielzustand. Unter Umständen erleben Sie beim Abgleich beider Zeichnungen einen regelrechten Aha-Effekt.
Im nächsten Schritt stellen Sie sich die Fragen:
Woher kommen die belastenden Stressmomente ganz konkret?
(z. Bsp.: Partnerschaft, Familie, Freizeit, Arbeit) und wodurch genau werden sie ausgelöst?
Auch hier bietet sich das Verschriftlichen an. Anschließend wägen Sie für sich ab, an welchem Punkt Ihrer persönlichen Auflistung Sie sich am dringlichsten Veränderung(en) wünschen. Hiernach treffen Sie für sich Überlegungen, wie Sie sich unmittelbar und ohne großen Aufwand Momente des Auftankens ermöglichen können.
Wozu das alles?
Dazu zitiere ich folgende Geschichte:
,, Ein Mann geht im Wald spazieren. Nach einer Weile sieht er einen Holzfäller, der hastig und sehr angestrengt dabei ist, einen auf dem Boden liegenden Baumstamm zu zerteilen. Er stöhnt und schwitzt und scheint viel Mühe mit seiner Arbeit zu haben. Der Spaziergänger geht etwas näher heran, um zu sehen, warum die Arbeit so schwer ist. Schnell erkennt er den Grund und sagt zu dem Holzfäller: „Guten Tag, ich sehe, dass Sie sich Ihre Arbeit unnötig schwer machen. Ihre Säge ist ja ganz stumpf, warum schärfen Sie sie denn nicht?“
Der Holzfäller schaut nicht einmal hoch, sondern zischt durch die Zähne:
„Dazu habe ich keine Zeit, ich muss doch sägen!“
(Quelle: https://mehrentspannung.de/der-holzfaeller-der-keine-zeit-hatte)
Sie fragen sich nun, wie Sie Ihre persönliche Säge schärfen können?
Wie Sie Ihren Kraftaufwand durch frische Energiezufuhr in möglichst guten Ausgleich bringen?
Um Ihre eigenen Ideen dazu anzureichern, finden Sie nachfolgend Anregungen für den persönlichen Ausgleich im Arbeitsalltag.
Auf dem Weg zur Arbeit und auf dem Nachhauseweg:
- Zu Fuß oder Fahrrad statt Auto (wenn möglich)
Alternativ: Auto so parken, dass ein Fußweg von ca. 10 Minuten pro Strecke entsteht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt 150 min. Bewegung pro Woche zum Erhalt der Gesundheit und insbesondere Beweglichkeit. - Der Lieblingsmusik oder einem Hörbuch lauschen
- Kognitive Übung: Stellen Sie Ihre Gedanken rund um das Thema Arbeit gemeinsam mit Ihrer Arbeitstasche ab und lassen Sie diese dort zurück.
An der Arbeit:
- Treppe laufen statt Aufzug fahren
- Pause nutzen
– zum Essen vom Arbeitsplatz entfernen
– frische Luft schnappen (Gebäude verlassen oder wenigstens kurz ans offene Fenster gehen)
Hier lässt sich auch gut eine Atemübung einbauen:
Nehmen Sie eine bequeme Sitzhaltung ein und lehnen Sie sich entspannt zurück. Schließen Sie Ihre Augen und atmen Sie langsam, mehrmals hintereinander tief ein und aus, während Sie Ihre Aufmerksamkeit ganz auf das Atmen richten. Ggf. die Hände locker auf den Bauch legen, um die Atmung zu spüren.
- Körperhaltung beachten und verändern, gelegentlich Dehnen und Strecken, neue Vitalität wird spürbar.
- Sich im stabilen Stand (aufrechte Haltung, Blick in den Horizont, Brustwirbelsäule nach oben, Knie leicht gebeugt, sich vorstellen am Kopf ist eine Schnur befestigt, die Richtung Decke zieht) kurz Durchschütteln (Arme, Hände, Beine und Füße). Macht wach und frisch.
- Toilettengang: Lächeln Sie sich selbst während des Händewaschens im Spiegel an. Dadurch wird die Produktion von Glückshormonen angeregt und die Stimmung bessert sich merklich.
- Gezielte Organisation des Arbeitstages unter Beachtung der jeweiligen Tagesform.
Anregung: Übung “Schulterwurf”
Dr. med. Claudia Croos-Müller: Ich schaf(f) das – Leichte Körperübungen für mehr Lebenspower, 50 Karten, KÖSEL 2020; ISBN-10: 3466347629
Nur Mut zur Umsetzung!
Finden Sie heraus, was Sie persönlich beim Stressabbau unterstützt!
Wir unterstützen Sie gern bei der Analyse Ihrer persönlichen Situation und helfen dabei, für Sie geeignete Maßnahmen zu finden.
Herzlichst Ihre
Melanie Bernhard
Melanie Bernhard
Dipl. Sozialpädagogin
Psychologische Beraterin
Stressmanagement Trainerin
Kursleiterin für Stressbewältigung und Burnout-Prävention
Buchempfehlungen:
Dr. Dietmar Ohm: Der kleine Anti-Stress-Coach – Die besten Übungen für Achtsamkeit, Entspannung und Stressbewältigung; TRIAS, 08.12.2021; ISBN: 978-3-432-11391-3.
Dr. med. Claudia Croos-Müller: Bleib cool – Das kleine Überlebensbuch für starke Nerven, Soforthilfe bei Stress, Arbeitsfrust & Co., KÖSEL, 23. Auflage 2020; ISBN: 978-3-466-34742-1.
Jennifer Leonhardt: Stressmanagement – Mit weniger Druck mehr erreichen; BELTZ, 2016; ISBN: 978 -3-407-36586-6